Einführung eines Veteranentages: Ordentliche Rituale

Bundeswehrangehörige bringen oft große Opfer. Nicht verwunderlich, dass sie sich Anerkennung wünschen. Die sollten sie auch kriegen.

Rekruten stehen stramm zusammen in Uniform bei einem feierlichen Gelöbnis

Die Rekruten von heute sind die Veteranen von morgen Foto: Philipp Schulze/dpa

Die Kritik kommt so zuverlässig wie reflexhaft: Der sogenannte Veteranentag, den der Bundestag am Donnerstag mit den Stimmen von Ampel und Union beschließen wird, sei Militarismus pur, heißt es von links. „Bein ab, Orden dran“, stand vor Monaten über einem taz-Kommentar zum geplanten Gedenktag. Dabei ist die Einführung ein guter Deal: Der Nutzen übersteigt Aufwand und Risiken. Unter deutschen Sol­da­t*in­nen herrscht nun einmal ein großes Bedürfnis nach gesellschaftlicher Anerkennung.

Dieses Verlangen nimmt zum Teil überzogene Formen an, gespeist aus dem Neid auf Kol­le­g*in­nen aus den USA und anderen Staaten, wo tatsächlich ein schräger Kult ums Militär gepflegt wird. Im Kern ist der Wunsch aber verständlich: Sol­da­t*in­nen erbringen in ihren Einsätzen Opfer wie kaum eine andere Berufsgruppe. Ihr Privatvergnügen sind diese Einsätze nicht: Die Aufträge an die Bundeswehr kommen von der Mehrheit der Bundestagsparteien, im Endeffekt also auch von der großen Mehrheit der Wähler*innen.

Da ist es nicht vermessen, im Gegenzug ein Zeichen der Wertschätzung zu verlangen. Staat und Gesellschaft kostet es wenig, diese Anerkennung in Form eines Ve­te­ra­n*in­nen­tages auszusprechen. Auf der Nutzenseite wirkt die Einführung dafür auch Versuchen der Vereinnahmung vonseiten der AfD entgegen. Die Rechten inszenieren sich unter Sol­da­t*in­nen als einzige Kümmererpartei und nutzen dabei jede Leerstelle aus.

Außerdem: Schafft der Staat keine Rituale, schaffen Sol­da­t*in­nen sie sich selbst. Über Form und Inhalt gibt es dann keine Kontrolle, die Abgrenzung zur Wehrmachtstradition ist zum Beispiel nicht garantiert. Anders beim Ve­te­ra­n*in­nen­tag ist, dass laut dem Ampel-Antrag der Bundestag und die Zivilgesellschaft an dessen Ausgestaltung mitarbeiten sollen.

So ließe sich in den nächsten Monaten auch dafür sorgen, dass Militär und Krieg nicht verherrlicht werden, sondern am 15. Juni Raum zur Reflexion bleibt. Eine kritische Linke sollte ihre Energie hier investieren, statt sich den Plänen komplett zu verweigern.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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