Actionfilm „Monkey Man“ von Dev Patel: Abstieg in die Unterwelt

Zwischen Faustkampf, indischer Mythologie und Nationalismus: Dev Patel legt mit „Monkey Man“ einen wilden Thriller als Regiedebüt vor.

Hauptdarsteller Dev Patel in dunklem Licht hinter einem transparentem Vorhang

Suche nach der eigenen Identität: Kid (Dev Patel) in „Monkey Man“ Foto: Universal Studios

Ein indischer Slum, flirrende Bilder, schnelle Schnitte und Dev Patel in der Hauptrolle. Aber nein, die Rede ist nicht von „Slumdog Millionär“, Danny ­Boyles vielfachem Oscar-Gewinner, der den damals 18-jährigen Dev Patel berühmt machte, sondern von „Monkey Man“, einem wilden, durchge- und manchmal auch überdrehten Action-Exzess, mit dem Patel ein bemerkenswertes Regiedebüt abliefert, das auch seine Suche nach Identität spiegelt.

Aus gutem Grund wird seit einigen Jahren viel darüber diskutiert, wer über welche Sujets Filme machen kann und darf, welche Perspektiven und Blickwinkel in der modernen Welt einfach nicht mehr akzeptabel erscheinen, warum es etwas für sich hat, wenn Filmemacher aus einer bestimmten Welt Filme über diese Welt drehen und nicht irgendjemand, der diese Welt vielleicht nur als exotischen Hintergrund ge- und missbrauchen will.

Doch aus welcher Welt stammt der inzwischen 33-jährige Dev Patel? Seine Eltern kommen aus der indischen Provinz Gujarat, er selbst wurde am Rand von London geboren und kann makelloses Upperclass-Englisch sprechen, mit dem er in Oxbridge nicht auffallen würde. Dass seine Hautfarbe jedoch dunkler ist, ließ Ewiggestrige aufmucken, als Patel in „David Copperfield“ den britischen Autor spielte oder in „The Green Knight“ einen der Ritter der Tafelrunde.

Andererseits wurde der Brite Patel von Indern dafür kritisiert, dass er in „Hotel Mumbai“ oder „Best Exotic Marigold Hotel 2“ Inder spielte, er also „richtigen“ Indern die Rollen wegnehmen würde.

Produktion, Regie, Hauptrolle

Man darf getrost davon ausgehen, dass diese von allen Seiten auf Patel einprasselnden Vorwürfe, die Frage, welche Identität ihn besonders prägt, Einfluss auf sein Regiedebüt „Monkey Man“ hatte. Patel entwickelte dafür nicht nur die Geschichte, schrieb am Drehbuch mit, agierte als Produzent und führte Regie, sondern spielte auch noch die Hauptrolle. Vielleicht ein bisschen viel, vielleicht ein Grund, warum das Ergebnis manchmal zu zerbersten droht, aber gewiss auch der Grund, warum „Monkey Man“ auf so spannende Weise östliche und westliche Einflüsse zu einem sehr zeitgemäßen Film verknüpft.

Es dauert eine Weile, bis man Patels Gesicht sieht. Lange trägt seine Figur Kid eine Maske, agiert in brutalen Fights als Wiedergänger von Hanuman, einer indischen Gottheit in Affengestalt. Seine rechte Hand ist vollkommen vernarbt, sein Körper gestählt, sein Wille anfangs nur auf Rache gepolt.

In der fiktiven Stadt Yatana spielt die Geschichte, gedreht wurde in Mumbai, bewusst werden die extremen Gegensätze der Stadt betont: Auf der einen Seite die Slums, die Armut, Menschen, die im Dreck leben, auf der anderen die Clubs der Reichen, der Elite, die sich bedienen lassen, koksen und Prostituierte benutzen. Einer dieser Clubs wird von Queenie (Ashwini Kalsekar) geleitet, bald wird Kid hier arbeiten, versuchen, in die Nähe des korrupten Polizisten Rana (Sikandar Kher) zu kommen, der einst seine Mutter ermordete.

Simpel und archaisch läuft diese Ebene der Geschichte ab, überdeutlich von den „John Wick“-Filmen beeinflusst, deren in Neon getauchte Actionszenen Patel augenscheinlich inspiriert haben. Mit dem Unterschied, dass hier weniger mit Pistolen als mit Fäusten agiert wird, besonders eine spektakuläre Prügelei in einer Toilette bleibt in Erinnerung, nach der Kid kaum lebend in die Unterwelt absteigt.

„Monkey Man“. Regie: Dev Patel. Mit Dev Patel, Sharlto Copley u. a. USA 2024, 122 Min.

Hier nimmt „Monkey Man“ seine ungewöhnlichsten Wege, streift Patel nicht nur die klassische indische Mythologie, sondern thematisiert auch den zunehmenden Nationalismus des inzwischen bevölkerungsreichsten Landes der Erde. Ein finsterer Guru taucht auf, der einen korrupten Politiker protegiert, das immer noch existierende Kastensystem wird gestreift, bei einem in einem unterirdischen Tempel inklusive Bodhibaum lebenden Transsexuellen findet Kid eine Heimat und erkennt seine Bestimmung.

Sympathie für die Außenseiter der Gesellschaft

In der Rolle eines Außenseiters begann vor 15 Jahren Patels Karriere, und ungeachtet seines Erfolgs hat er sich die Sympathie für die Außenseiter der Gesellschaft bewahrt. Nicht selbstverständlich für den Sohn von Migranten, wie die politische Haltung des aktuellen britischen Premiers Rishi Sunak beweist, der die Regeln zur Einwanderung in einer Weise verschärfen will, die es seinen Eltern unmöglich gemacht hätten, nach Großbritannien zu emigrieren.

Dev Patel dagegen hat die Suche nach seiner Identität auf künstlerisch inspirierende Weise genutzt, Einflüsse aus Ost und West aufgenommen, die sich inhaltlich, aber nicht zuletzt stilistisch in „Monkey Man“ wiederfinden: Manche Bilder erinnern an indische Historienepen, andere könnten direkt aus „John Wick“ stammen; manche Figuren leben tief in der indischen Mythologie, andere stammen deutlich aus dem Hollywood-Fundus.

Dass „Monkey Man“ am Ende keine konzeptlose Aneinanderreihung unterschiedlicher Einflüsse bleibt, sondern sie zu etwas Eigenem werden, macht dieses im besten Sinne globalisierte Actionepos besonders bemerkenswert.

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