Traumberuf Trainer: Samstage ohne Stadion

Begriffsstutzige Spieler, Beleidigungen und am Ende die Entlassung – muss das sein? Bekenntnisse eines Trainers, der keiner mehr ist.

Die leere Trainerbank im Stadion des FC Heidenheim

Nicht nur bequem: Thomas Tuchel saß auch schon auf der Bank im Heidenheimer Stadion Foto: Michael Weber/imago

Wie wunderbar Samstagnachmittage doch sein können, wenn man sie nicht in irgendeinem Stadion auf der Trainerbank verbringt. Niemand, der beleidigt ist, weil er nicht von Anfang an spielen darf, kein Schiedsrichter, der einem mit seiner blöden Pfeife die Ohren taubtrillert, keine VIP, denen man nach dem Spiel lustige Anekdötchen erzählen soll – was ein Glück.

Na ja gut, am Anfang erschien das Trainerwerden wie ein wahr gewordener Traum: Nach 32 Jahren Kickerei, wenn man die F-Jugend mitrechnet, weiter irgendwas mit Fußball machen, was könnte es Schöneres geben? Nix. Verborgene Talente entdecken, revolutionäre Konzepte entwickeln, furchtlos Altstars in Pension schicken – was ein Leben! Gefeiert werden als Retter, als Meistermacher, als Taktikgenie, umringt von Spielern, die einem blind vertrauen.

Konnte man ja nicht ahnen, wie stressig der Job in Wirklichkeit war, bei wirklich jedem verdammten Verein. Immer alles erklären müssen, jeden Tag von vorn, den Spielern den großen Plan und dem Vereinsboss, warum man nicht nach Norwegen fahren und ihm da einen eigenen Erling Håland spottbillig einkaufen will.

Und den Fans natürlich, warum der Verein nicht schon längst Serienmeister ist. Das allein wäre ja schon ermüdend genug – sich aber zu jeder Pressekonferenz nach den Spielen auch noch irgendeinen lustigen Spruch ausdenken zu müssen, um nur ja Lockerheit und Originalität zu demonstrieren, boah, das nervte vielleicht. Und wozu das alles?

Ohne Mitleid

Irgendwann wird man doch gefeuert. Das ging früher so: Man schlug sonntags die Zeitung auf und sah den eigenen Oberkörperumriss, meistens in Hellblau, auf der Seite eins, plus die Schlagzeile, dass eine Trainerentlassung unmittelbar bevorsteht. Am besten packte man dann gleich, ohne zu Ende zu frühstücken. Und bereitete sich auf das folgende Hohngelächter vor. Weil niemand Mitleid mit entlassenen Trainern hat, niemand.

Ne, Samstagnachmittage zu Hause sind immer noch ganz was Wunderbares. Fußball gucken kann man ja trotzdem – und sich freuen, dass man nicht Bayerntrainer geworen ist, nicht auszudenken, wie man sich nach der Niederlage gegen Heidenheim fühlen würde. Gegen­ Vereine aus Orten, die mit -heim oder -dorf enden, verlieren Klubbosse und Fans nämlich am allerungernsten. Und natürlich ­gegen Abstiegskonkurrenten, also ­Bochum-Coach zu sein wäre jetzt auch nicht schön.

Oha, guck an, im Internet prangt doch tatsächlich schon ein Männerumriss neben den Spielberichten, nur halt in Gelb. Eine Trainerentlassung stehe an, heißt es daneben. Armer Kerl, aber der wird schon auch noch lernen, wie schön Samstage außerhalb des Stadions sein können.

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Schreibt nicht nur über Sport, sondern auch über Verschwörungsideologien, skandinavische Politik und Königshäuser. *** Die ersten Artikel für den taz-Sport gestalteten sich allerdings etwas schwierig: Mit den Worten "Wie, die schicken uns heute eine Frau?" wurde ich beispielsweise vor Jahren von einem völlig entsetzten Vorsitzenden eines Westberliner Fünftligavereins begrüßt. Da war er also, der große Tag, an dem über seinen Club in der taz berichtet werden würde, und dann das: Eine Frau! Ich antwortete ja, ich sei die Strafe und sofort war die Stimmung super. *** Und eines Tages werde ich über diesen Tag und andere, sagen wir: interessante Begegnungen mal ein Buch schreiben.

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